KI-gestützte Modellierung: Revolution in der Kieferchirurgie
von Bertram Sabrowsky-Hirsch, MSc
Die Kombination von Künstlicher Intelligenz (KI) und medizinischer Bildverarbeitung revolutioniert die Kieferchirurgie. Durch die Entwicklung automatisierter Modellierungsmethoden werden personalisierte Patientenmodelle effizienter und präziser erstellt. Dies ermöglicht verbesserte Diagnosen, individuell angepasste Behandlungen und schnellere Operationsvorbereitungen.
- Automatische Modellierung von Patient*innen
- Pipelinegestützte Entwicklung von Modellierungsmethoden
- Kooperation mit CADS GmbH
- Quellverzeichnis
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Automatische Modellierung von Patient*innen
Patient*innenspezifische Modellierung hat ein großes Potenzial in der Diagnose und Behandlung und stellt einen wesentlichen Schritt zur personalisierten Medizin dar. In der Kieferchirurgie bilden 3D-Modelle der untersuchten Anatomie neben einer intuitiven Visualisierungsmöglichkeit weiters die Grundlage für die Operationsplanung und das Design von patient*innenspezifischen Implantaten. In der Praxis werden dazu medizinische Bilddaten von Modellierungsexpert*innen mittels Softwaretools auf Basis medizinischer Bilddaten durchgeführt – ein zeitaufwändiger und kostspieliger Prozess. Durch den Fortschritt in der KI-basierten Annotation sind mittlerweile umfassende Lösungen technisch realisierbar. Deren Einsatz außerhalb von Forschungsarbeiten ist jedoch weiterhin eingeschränkt, da sich die praktische Anwendung durch die zeitaufwändige Aufbereitung geeigneter Datensätze für das Training der Methoden aufwändig gestaltet. In einer Kooperation der RISC Software GmbH und CADS GmbH konnte die Entwicklung automatischer Modellierungsmethoden durch den Einsatz einer KI-gestützten Pipeline effizient umsetzen werden.
Pipelinegestützte Entwicklung von Modellierungsmethoden
Im Rahmen ihrer Forschungsaktivitäten entwickelt die Unit Medical Informatics der RISC Software GmbH eine KI-gestützte Pipeline zur Modellierung von medizinischen Datensätzen. Anders als vergleichbare Technologien, etwa die KI-Plattform MONAI [1], unterstützt diese Pipeline auchAspekte der Methodenentwicklung beginnend mit der Sichtung, Auswahl und Stratifikation der Datenbasis und erlaubt die Verkettung beliebiger KI-basierter und klassischer Bildverarbeitungsmethoden zu Abläufen, die gleichermaßen auf einzelne Patientendaten und vollständige Datensammlungen angewandt werden können. Teilergebnisse, wie etwa das Training von KI-Methoden oder Berechnung von Atlasdatensätzen sind ebenso eigenständige Abläufe wie die finaleModellierungsmethode zur Integration in Endanwendungen und als solches datenagnostisch. Dieser Ansatz führt zu einer maximalen Wiederverwendbarkeit der Abläufe.
Abbildung 1: Durch das flexible Modulkonzept der Pipeline können Verarbeitungsschritte beliebig aneinandergereiht und zu Abläufen verkettet werden. Diese können wiederum als Teilschritte in übergeordnete Abläufe eingebettet werden.
Die Pipeline wurde bereits erfolgreich in einer Reihe von Forschungsprojekten eingesetzt, etwa zur automatischen Modellierung von Aneurysmenpatient*innen für den Operationssimulator MEDUSA [2]. In den Projekten ermöglicht die Pipeline die automatisierte Erstellung komplexer Patient*innenmodelle und unterstützt damit die weitere Visualisierung der Anatomie, die automatisierte Merkmalsberechnung, den Druck von Phantomen und die hybride Operationssimulation. Durch die Integration von modernen KI-Methoden wie etwa das nnU-Net Framework [3] erzielt die Pipeline Ergebnisse auf dem neuesten Stand der Technik.
Abbildung 2: Modellierung von Aneurysmenpatient*innen im Forschungsprojekt MEDUSA.
Abbildung 3: Modellierung von Patient*innen der Gesichts- und Kieferchirugie aus der Kooperation mit CADS GmbH.
Kooperation mit CADS GmbH
Im Rahmen der Kooperation kam die KI-gestützte Pipeline für den Annotationsprozess, sowie das Training und die Validierung von KI-Methoden zur Anwendung. Speziell der Annotationsprozess profitierte von der automatisierten Aufbereitung der Bilddaten für externe Dienstleister*innen und anschließende Validierung und Integration der erstellten Annotationen in die Datenbasis. Training, Validierung und statistische Auswertung der KI-Methoden wurden ebenfalls vollständig automatisiert und lassen sich in weiterer Folge einfach auf die wachsende Datenbasis anwenden. Die Ergebnisse wurden an der AAPR 2023 präsentiert [4] und konnten die medizinischen Expert*innen des Projektpartners überzeugen. Die Pipeline wurde schließlich in eine Annotationsplattform der CADS GmbH eingebettet, die es den medizinischen Expert*innen künftig ermöglichen wird, automatisiert patient*innenspezifische Modelle aus Bilddaten zu generieren. Darüber hinaus unterstützt die Pipeline auch die laufende Erweiterung der Datenbasis mit neuen Annotationen und die folgende Optimierung der KI-Methoden. Dadurch ist es möglich, die KI-Methoden laufend zu verbessern und zusätzliche anatomische Strukturen in der Datenbasis aufzunehmen. Im Rahmen der Kooperation wird die Pipeline laufend erweitert und für die Modellierung weiterer anatomischer Strukturen angewendet. Ein besonderer Fokus liegt speziell in der automatischen Bewertung und Auswahl von Bilddaten nach Qualitätskriterien hinsichtlich ihrer Eignung für die Modellierung, um die Annotationsplattform noch effizienter für ihre Nutzer*innen zu gestalten.
Abbildung 4: Beispiele automatisch modellierter Datensätze von Patient*innen der Gesichts- und Kieferchirurgie.
Quellverzeichnis
- Cardoso, M. Jorge, et al. „Monai: An open-source framework for deep learning in healthcare.“ arXiv preprint arXiv:2211.02701 (2022).
- Forschungsprojekt Medusa, medusa.health/de
- Isensee, Fabian, et al. „nnU-Net: a self-configuring method for deep learning-based biomedical image segmentation.“ Nature methods 18.2 (2021): 203-211.
- Sabrowsky-Hirsch, B., et al. “Automatic Anatomical Annotation of CBCT Scans for Maxillofacial Prosthetics.” Proceedings of the Joint Austrian Computer Vision and Robotics Workshop 2023, Verlag der TU Graz, 2023
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Autor
Bertram Sabrowsky-Hirsch, MSc
Researcher & Developer