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Forschungsprojekt AIMS

Das Ziel von AIMS ist die Entwicklung und Validierung eines Frühwarnsystems mit künstlicher Intelligenz, um vor Zustandsverschlechterungen auf der Krankenstation vor dem Auftreten zu warnen.

Medizinische Motivation

Obwohl chirurgische Eingriffe heutzutage sicherer durchgeführt werden können als je zuvor, sind sie nach wie vor mit einem hohen Risiko für die Patient*innen verbunden. In Europa sterben im Durchschnitt 4 % aller operierten Patient*innen im Krankenhaus. Von diesen versterben etwas mehr als die Hälfte auf Krankenstationen, ohne auf einer Intensivstation aufgenommen worden zu sein. Ein erheblicher Anteil dieser Patient*innen stirbt unerwartet (1).

Patient*innen-Sicherheit als oberstes Ziel von AIMS

Das Forschungsprojekt AIMS (Artificial Intelligence based Monitoring and early warning for patient Safety, Deutsch: Überwachung und Frühwarnung für die Patient*innen-Sicherheit auf Basis künstlicher Intelligenz, KI) setzt genau an dieser Stelle an: Das Ziel von AIMS ist die Entwicklung und Validierung eines Frühwarnsystems mit künstlicher Intelligenz, um vor Zustandsverschlechterungen auf der Krankenstation vor dem Auftreten zu warnen. Auf diese Weise können medizinische Interventionen getroffen werden und eine Komplikation potenziell verhindert werden. Diese Art der Frühwarnung wird die Patient*innen-Sicherheit innovativ verbessern und so unvorhergesehene Todesfälle verhindern.

Im klinischen Alltag werden zwar verschiedene physiologische Signale von Patient*innen aufgezeichnet, bspw. der Blutdruck, jedoch meist nur anlassbezogen und nicht kontinuierlich. Dies führt zu einer geringen Menge und Qualität der verfügbaren physiologischen klinischen Daten. Hochwertige Daten, die für ein Frühwarnsystem ausreichen würden, werden derzeit nur auf der Intensivstation und im Operationssaal gesammelt. Deshalb werden in AIMS zunächst retrospektive Daten aus der Intensivstation (physiologische Signale, strukturierte Patient*innen-Gesundheitsdaten) herangezogen, um ein KI-Vorhersagemodell zu trainieren. Zur Erfassung weiterer physiologischer Patient*innen-Daten auf der Krankenstation wird ein geeignetes Sensorsystem entwickelt und validiert.

Den größten direkten Nutzen aus dem Forschungsprojekt AIMS ziehen zweifellos die individuellen Patient*innen, da ihre Sicherheit erhöht und ihr Leben geschützt werden kann. AIMS unterstützt das klinische Personal darin, medizinische Maßnahmen rechtzeitig, objektiver und systematischer zu ergreifen. Die frühzeitige Erkennung einer ansonsten nicht vorhersehbaren Verschlechterung des Gesundheitszustands in Kombination mit geeigneten medizinischen Maßnahmen hat folglich das Potenzial, die Zahl der Einweisungen in Intensivstationen zu verringern, die Verweildauer im Krankenhaus zu verkürzen und – am wichtigsten – das Leben von Patient*innen zu retten.

Da das in AIMS entwickelte System einen direkten Einfluss auf die Patient*innen-Sicherheit ausüben kann, ergibt sich eine Reihe an ethischen Anforderungen, die vom Konsortium bereits von Beginn an und entwicklungsbegleitend behandelt werden (Ethics-by-Design).

Die Vision von AIMS besteht langfristig darin, dieses Frühwarnsystem für den gesamten Weg des*der Patient*in – von der stationären Aufnahme bis zur häuslichen Pflege – weiterzuentwickeln.

Beitrag zur europäischen Technologiesouveränität

Insgesamt leistet AIMS einen wesentlichen Beitrag zur europäischen Technologiesouveränität. Der Einsatz von im Ausland entwickelten medizinischen KI-Technologien ist aus mehreren Gründen problematisch:

  • KI, die von Global Playern wie den USA oder China entwickelt wurde, basiert auf anderen Daten und Rahmenbedingungen, die als sogenannter Daten-Bias in den KI-Modellen abgebildet sind. Die Gefahr, dass KI-Technologien nicht einwandfrei funktionieren, wenn sie in Österreich/Europa eingesetzt werden, stellt auch ein Risiko für die Patient*innen dar.
  • Große, öffentliche Datensätze (z.B. MIMIC-IV (2), VitalDB (3)) enthalten nicht-europäische Daten.

Da der medizinische Partner (Johannes Kepler Universität Linz, Medizinische Fakultät, Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin) seit Jahren Daten zur wissenschaftlichen Analyse generiert, die auch für die Forschungsfragen von AIMS verwendbar sind, besteht im Projekt ein großer Vorsprung.

Für eine optimale Anwendbarkeit in Europa werden in AIMS geeignete KI-Systeme auf Basis der europäischen Wertebasis von Gesundheitsdaten entwickelt. AIMS unterstützt die nachhaltige Etablierung von KI-Lösungen in der klinischen Praxis in ganz Europa. Es erhöht die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Patient*innen-Zustandsdaten, die auf der Intensivstation und in anderen Versorgungsbereichen des Krankenhauses, insbesondere auf der Krankenstation, erhoben werden. Die Ergebnisse werden einen wesentlichen Beitrag zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdaten und zur KI-Forschung in Europa leisten. Die Kombination von weltweit führenden Technologien aus Österreich zu einem europäischen Gesundheitsdatensatz verspricht große Chancen für zukünftige medizinische Anwendungen unabhängig von ausländischen (nicht-europäischen) Anbietern.

Quellen

(1) Pearse RM, Moreno RP, Bauer P, Pelosi P, Metnitz P, Spies C, et al. Mortality after surgery in Europe: a 7 day cohort study. The Lancet. 2012 Sep;380(9847):1059–65.

(2) Johnson A, Bulgarelli L, Pollard T, Horng S, Celi LA, Mark R. MIMIC-IV [Internet]. PhysioNet; 2020 [cited 2023 Feb 13]. Available from: https://physionet.org/content/mimiciv/2.2/

(3) Lee HC, Jung CW. VitalDB, a high-fidelity multi-parameter vital signs database in surgical patients [Internet]. PhysioNet; 2022 [cited 2022 Nov 15]. Available from: https://physionet.org/content/vitaldb/1.0.0/

Dieses Projekt wird aus Mitteln der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert.

Logo FFG

Projektpartner*innen

Projektteam

Details zum Projekt

  • Projekt-Kurztitel: AIMS
  • Projekt-Langtitel: Artificial Intelligence based Monitoring and early warning for patient Safety
  • Projektpartner*innen:
    • RISC Software GmbH (Konsortialleitung)
    • FiveSquare GmbH
    • innovethic e.U.
    • Johannes Kepler Universität Linz, Medizinische Fakultät, Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
  • Fördercall: FFG Digitale Technologien 2022
  • Gesamtbudget: 1,74 Mio. Euro
  • davon Förderung: 1,45 Mio. Euro
  • Laufzeit: 10/2023 – 09/2026 (36 Monate)

Ansprechperson









    Projektleitung

    Dr. Michael Giretzlehner

    Head of Research Unit Medical Informatics

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