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Quantum Machine Learning

Ein Quantensprung für die Datenanalyse?

Von Dominik Freinberger, MSc

Maschinelles Lernen hat sich zu einem zentralen Werkzeug für Forschung und Industrie entwickelt. Doch mit wachsender Datenmenge und steigender Modellkomplexität stoßen klassische Computer zunehmend an ihre Grenzen. Neue Ansätze könnten künftig helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Quantum Machine Learning (QML) – die Verbindung von Quantencomputing und maschinellem Lernen – gilt dabei als vielversprechende Lösung. Besonders in datenintensiven Bereichen wie der Medizin und Industrie könnte QML zukünftig neue Maßstäbe setzen.

Inhalt

  • Quantum Computing meets Machine Learning
  • Lernende Quantenmodelle: So funktionieren Quantum Neural Networks
  • FFG-Projekt QML4Med: Anwendungsorientierte Forschung in der Praxis
  • Referenzen
  • Autor
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Quantum Computing meets Machine Learning

Quantencomputer nutzen fundamentale Prinzipien der Quantenmechanik wie Superposition und Verschränkung, um bestimmte Rechenoperationen exponentiell schneller durchzuführen als klassische Rechner. Dieses Potenzial macht sie besonders attraktiv für maschinelles Lernen, das oft enorme Rechenressourcen benötigt. Genau hier setzt Quantum Machine Learning an: Es untersucht, ob und wie Quantenalgorithmen bei komplexen Lernaufgaben helfen könnten [1].

Unter bestimmten Voraussetzungen versprechen QML-Algorithmen effizientere Berechnungen, potenziell verbesserte Generalisierungseigenschaften oder gar gänzlich neue Lernansätze. Mögliche Einsatzfelder reichen von der medizinischen Diagnostik über industrielle Prozessoptimierung bis hin zu Finanzanwendungen. Doch viele Ansätze befinden sich noch im experimentellen Stadium. Herausforderungen bestehen insbesondere in der Fehleranfälligkeit aktueller Quantenhardware, der begrenzten Anzahl an Qubits sowie der offenen Frage, unter welchen Bedingungen Quantenansätze bei ML-Problemen tatsächlich Vorteile bieten.

Um das volle Potenzial von QML zu entfalten, braucht es daher anwendungsnahe Forschung, gezielten Know-how-Aufbau und strategische Investitionen – auch, um technologische Souveränität zu stärken und den Innovationsstandort langfristig wettbewerbsfähig zu halten.

Lernende Quantenmodelle: So funktionieren Quantum Neural Networks

Ein vielversprechender Ansatz im Quantum Machine Learning sind Quantum Neural Networks (QNNs) – parametrisierte Quantenschaltkreise, deren Parameter durch klassische Optimierungsverfahren angepasst werden, ähnlich wie bei klassischen neuronalen Netzen. Abbildung 1 skizziert ein typisches QNN: Zunächst werden klassische Eingabedaten durch ein Date Encoding in einen Quantenzustand mehrerer Qubits kodiert. Dies geschieht über spezielle Quantenoperationen, sogenannte Quantengatter, die die Daten in einen oft hochdimensionalen Raum abbilden. Darauf folgt ein parametrisierter Quantenschaltkreis (engl. Variational Quantum Circuit) der weitere Quantengatter mit freien, trainierbaren Parametern enthält. Diese Parameter werden mithilfe eines klassischen Optimierungsalgorithmus angepasst, um eine Kostenfunktion zu minimieren. Abschließend findet eine quantenmechanische Messung statt; dies ist notwendig, um klassische Informationen aus dem Quantenmodell auslesen zu können. Wie beim klassischen ML wird die Ausgabe mit einem bekannten Zielwert verglichen, um ein Update der QNN-Parameter vorzunehmen.

Der Vorteil dieser hybriden quanten-klassischen Architektur liegt in der Aufteilung der Rechenlast: Die komplexen Zustandsmanipulationen erfolgen auf Quantenhardware, während das Training durch bewährte klassische Optimierungsverfahren durchgeführt wird. So lassen sich bereits auf heutigen, noch begrenzten und störanfälligen Quantencomputern erste lernfähige Modelle realisieren.

Abbildung 1: Schema eines Quantum Neural Networks mit Feature Map (Einlesen der klassischen Daten), Variational Quantum Circuit (die lernfähige Komponente) sowie klassischer Messung und Optimierung.

FFG-Projekt QML4Med: Anwendungsorientierte Forschung in der Praxis

Im Rahmen des FFG-Forschungsprojekts QML4Med [2] konnten wir das Potenzial von Quantum Machine Learning in der medizinischen Datenanalyse systematisch untersuchen. Neben dem Aufbau von methodischem Know-how standen dabei insbesondere umfassende Potenzialanalysen im Vordergrund – etwa in der Anwendung auf tabellarische Patientendaten, für die EKG-Diagnostik oder zur Pathologie-Erkennung aus Bilddaten.

Ein Kernaspekt war dabei die Untersuchung der Resilienz von Quantum Neural Network Architekturen unter dem Einfluss von Rauschen wie es auf echter Quantenhardware vorhanden ist. In einer umfassenden empirischen Studie [3] wurden beliebte QNN-Architekturen hinsichtlich ihrer Performance unter realistischen Hardwarebedingungen evaluiert. Aufbauend darauf wurde eine neue QNN-Architektur entwickelt [4], die durch den exklusiven Einsatz nativ verfügbarer Quanten-Gatter eine deutlich höhere Robustheit gegenüber Rauschen aufweist. Diese Arbeiten wurden im Rahmen eines Vortrages sowie eines Posters auf der internationalen Quantum-Konferenz IEEE QCE 2024 in Montréal vorgestellt.

Für die IEEE QCE 2025 Konferenz wurde eine weitere wissenschaftliche Arbeit eingereicht, die im Rahmen einer breiten Benchmark-Studie die Rolle des Quanten-Anteils in hybriden Quanten-klassischen Modellen untersuchte. Die Ergebnisse zeigten, dass hybride Modelle nicht automatisch besser abschneiden als ihre klassischen Gegenstücke. Vielmehr hängt ihr Erfolg maßgeblich von einer sorgfältigen Abstimmung der Architektur ab, was ein fundiertes Verständnis sowohl von klassischem als auch Quantum Machine Learning voraussetzt. Die Studie lieferte damit wertvolle Orientierung für zukünftige Entwicklungen im Bereich anwendungsnaher Hybrid-Modelle.

Quantum Machine Learning steht noch am Anfang – doch die ersten anwendungsorientierten Studien wie QML4Med zeigen, welches Potenzial in der Verbindung von Quantenmechanik und KI steckt. Umso wichtiger ist es, frühzeitig Expertise aufzubauen und konkrete Anwendungsfelder zu identifizieren.

Abbildung 2: Workflow im Projekt QML4Med [2] – QML-Modelle wurden anhand häufiger medizinischer Datentypen hinsichtlich Modell-Genauigkeit und Erklärbarkeit umfassend untersucht.

Referenzen

[1] J. Biamonte, P. Wittek, N. Pancotti, P. Rebentrost, N. Wiebe, und S. Lloyd, „Quantum machine learning“, Nature, Bd. 549, Nr. 7671, S. 195–202, Sep. 2017, doi: 10.1038/nature23474.

[2] „QML4Med: Quantum Computing trifft auf Machine Learning in der Medizin“, RISC Software GmbH. Verfügbar unter: https://www.risc-software.at/referenzprojekte/qml4med/

[3] P. Moser, A. Maletzky, und M. Giretzlehner, „An Empirical Analysis of Realistic Noise in Quantum Neural Networks for Medical Classifications of Tabular, Signal and Imaging Data“, in IEEE International Conference on Quantum Computing and Engineering (QCE), 2024, doi: 10.1109/QCE60285.2024.00191

[4] P. Moser, A. Maletzky, und M. Giretzlehner, „HN-PQE: Hardware-Native Parameterized Quantum Embedding for Noise-Resilient Classifications of Medical Signals and Images“, in IEEE International Conference on Quantum Computing and Engineering (QCE), 2024, doi: 10.1109/QCE60285.2024.10372

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    Autor

    Dominik Freinberger, MSc

    Researcher & Developer

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