Forschungsprojekt nARvibrain erleichtert Prozedere der Tumorentfernung
Verbesserung der Hirntumordiagnostik und -behandlung durch künstliche Intelligenz
Ein Hirntumor stellt für Patientinnen eine erhebliche physische und psychische Belastung dar. Die Behandlung umfasst ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Die wichtigste Therapieform ist die Operation, bei der sowohl die Lage des Tumors als auch die umliegenden Hirnregionen berücksichtigt werden müssen. Das Ziel ist die größtmögliche Entfernung des Tumorgewebes, wobei die essenziellen neurologischen Funktionen erhalten bleiben müssen. Genau hier setzt das von der RISC Software GmbH koordinierte Projekt nARvibrain an. Forscherinnen der Med Uni Graz bringen ihr medizinisches Know-how in das Projekt ein. Ziel ist die Entwicklung eines digitalen Assistenzsystems für die Diagnose und Behandlung von Hirntumorpatient*innen.
Diagnose Hirntumor: Operation als wichtigste Behandlungsmethode
Trotz intensiver Bemühungen in der medizinischen Forschung sind die Ursachen für Hirntumoren oft noch unbekannt. Es gibt kaum Risikofaktoren, die eindeutig mit der Entstehung von Tumoren in Verbindung gebracht werden können. Zudem gibt es keine typischen Warnsignale, was die Früherkennung erschwert. Oft bleibt die Erkrankung lange Zeit unentdeckt, da sie anfangs symptomlos verläuft. Neu auftretende Kopfschmerzen oder Krampfanfälle könnten jedoch Hinweise auf einen Tumor geben. Weitere Symptome sind Nervenausfälle, Seh- und Sprachstörungen sowie Persönlichkeits- und Wesensveränderungen.
Für die Behandlung eines Hirntumors sind sowohl die Art des Tumors als auch seine Lage und Ausbreitung entscheidend. Vor der möglichen Tumorentfernung werden routinemäßig Informationen aus der multimodalen Bildgebung und funktionellen Tests gesammelt. Dank moderner Operationstechniken ist der Eingriff mittlerweile mit einem wesentlich geringeren Risiko verbunden. Dennoch gilt es, das umliegende Gehirngewebe bestmöglich zu schützen. Wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden kann, kommen Bestrahlung oder Chemotherapie zum Einsatz.
Augmented Reality soll Hirntumordiagnostik und -behandlung verbessern
Um die Hirntumordiagnostik und -behandlung zu verbessern, nutzt das Projekt nARvibrain die erweitere Realität (Augmented Reality). Diese computergestützte Technologie soll das analoge Wissen mit digitalen Aspekten verschmelzen und dabei vor allem in der Medizin wichtige Vorteile bieten. Der Eckpfeiler des Projekts ist die Entwicklung einer ganzheitlichen digitalen Darstellung der Patientinnen. Dieses digitale Modell vereint alle relevanten strukturellen und funktionellen Bilddaten, Testergebnisse und Simulationsergebnisse. Eine semi-automatische, KI-gestützte Bildverarbeitungspipeline wird entwickelt, um medizinische Bilddaten in maßgeschneiderte Inputs für Augmented-Reality-Rendering-, Simulations- und Prognosepakete umzuwandeln. Davon sollen Medizinerinnen, Studierende und Patient*innen profitieren.
Unterstützung für Mediziner*innen und Beitrag für medizinische Ausbildung
„Im Rahmen des Forschungsprojekts wird das moderne Neuronavigationssystem CORTEXPLORER des Projektpartners cortEXplore GmbH erweitert, sodass neben einer präzisen Positionsbestimmung der Stimulationsinstrumente auch quantitative Aufzeichnungen der Verhaltensreaktionen ermöglicht werden. Insgesamt können dadurch sämtliche Testungen vor dem chirurgischen Eingriff präziser und schneller durchgeführt und so die Behandlungsergebnisse und Patient*innensicherheit erhöht werden“, beschreibt Isabell Ganitzer von RISC Software GmbH eine wesentliche Zielsetzung.
„Die interaktive 3D-Visualisierung der Bilddaten soll Mediziner*innen dabei unterstützen, Patient*innen komplexe Informationen über den Krankheitszustand und den geplanten Behandlungsablauf anschaulicher zu erklären. Damit soll das Verständnis für die eigene Erkrankung und den bevorstehenden Eingriff gestärkt werden“, fügt der hauptverantwortliche Projektpartner seitens der Med Uni Graz Gernot Reishofer von der Universitätsklinik für Radiologie hinzu. „Letztendlich soll die neue Technologie aber auch zur Erhöhung der Qualität in der medizinischen Ausbildung beitragen, da innovative Lehrmaterialien für die Neuroanatomie entwickelt werden“, so Kariem Mahdy Ali von der Universitätsklinik für Neurochirurgie, Med Uni Graz, der das Projekt ebenfalls begleitet. Durch Bildmessung erfasste menschliche Gehirne, die virtuell mit Tumor- und Traktographie-Bilddaten überlagert werden, stellen die Basis für eine Gamification-basierte Lehr- und Lernplattform dar, die das studentische Wissen stärken soll.
Projekt nARvibrain bündelt interdisziplinäre Kräfte
Das Projekt nARvibrain (Langtitel: Augmented Reality supported Functional Brain Mapping for Navigated Surgery Preparation and Education) vereint interdisziplinäre Kräfte: Neben der Med Uni Graz sind auch die cortEXplore GmbH und die FH JOANNEUM Gesellschaft mbH Partner des Projekts. Die Projektpartner*innen sind überzeugt, dass die Integration von Augmented-Reality-Systemen in medizinische Interventionen als Grundlage für ähnliche Anwendungen in anderen klinischen Fachbereichen dienen kann. Das Forschungsprojekt mit einer Laufzeit von 36 Monaten wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen des Fördercalls „IKT der Zukunft“ mit rund 1,3 Millionen Euro unterstützt.
(c) FH JOANNEUM GmbH & Medizinische Universität Graz
Steckbrief: Gernot Reishofer
Gernot Reishofer leitet die Arbeitsgruppe Radiology.Lab an der Universitätsklinik für Radiologie und arbeitet mit seinem Team an der Entwicklung neuer Messmethoden, der Anwendung neuer Auswertungsverfahren sowie deren Umsetzung in klinischen Studien. Schwerpunkte der Arbeitsgruppe liegen auf der neuroradiologischen und vaskulären (MRT-)Bildgebung sowie auf der Erforschung und Entwicklung von Deep-Learning-Modellen und Machine-Learning-Algorithmen für die radiologische Grundlagenforschung.
RISC Software GmbH
Seit mehr als 20 Jahren entwickelt die Forschungsabteilung hoch spezialisierte Software für die moderne Medizin, um nachhaltige Lösungen für Patient*innen, Ärzt*innen und das Gesundheitssystem zu schaffen. Das Tätigkeitsfeld reicht von der Grundlagenforschung bis hin zur klinisch einsetzbaren Software. Zur Lösung komplexer Fragestellungen werden (KI-basierte) Methoden der medizinischen Bildanalyse und -segmentierung, der medizinischen Modellierung und Simulation sowie der medizinischen Datenanalyse und Vorhersage eingesetzt.
Kontakt
Victoria Zotter, BA, MA, MA
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Medizinische Universität Graz
Neue Stiftingtalstraße 6
8010 Graz
victoria.zotter@medunigraz.at
Univ.-Ass. PD Dipl.-Ing. Dr. Gernot Reishofer
Medizinische Universität Graz
Universitätsklinik für Radiologie
Tel.: +43 316 385 13707
E-Mail: gernot.reishofer@medunigraz.at
Details zum Projekt
- Projekt-Kurztitel: nARvibrain
- Projekt-Langtitel: Augmented Reality supported Functional Brain Mapping for Navigated Surgery Preparation and Education
- Fördercall: IKT der Zukunft, 10. Ausschreibung 2021 (FFG)
- Projektpartner*innen:
- RISC Software GmbH (Konsortialführung)
- cortEXplore GmbH
- FH JOANNEUM Gesellschaft mbH
- Medizinische Universität Graz
- Budgetvolumen (gesamt): 1,6 Mio. Euro
- davon Förderung (gesamt): 1,3 Mio. Euro
- Laufzeit: 36 Monate (01.11.2022 – 31.10.2025)
Projektpartner
Pressekontakt
Dr. Michael Giretzlehner
Head of Research Unit Medical Informatics
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